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Montag, 19. Juli 2010

{Rezension} Das Kind auf der Treppe von Karla Schmidt



Verlag: Piper Verlag 
Taschenbuchausgabe: 320 Seiten
ISBN: 349225781X 
Genre: Deutscher Thriller / Psychothriller
Erscheinungsdatum: 09. März 2010
Preis: 8,95 €

Die Angst im Nacken

Eines Morgens steht die junge Leni vor der Tür zur Wohnung ihrer Halbschwester Zicky. Auf der Treppe findet sie den kleinen Nicky, der sich ausgesperrt hat und freundet sich ein wenig mit dem seltsam anmutenden Jungen an, während sie auf ihre Schwester wartet. Diese ahnt nicht, dass Leni aus Island nach Berlin geflüchtet ist. Widerwillig nimmt sie Leni bei sich und ihrer blinden Freundin Olga auf. Leni leidet unter massiven Angstzuständen und Schlafproblemen und versorgt sich schon bald regelmäßig bei Nickys Mutter Ines, einer Krankenschwester, mit Schlaftabletten. Zudem hört sie ständig merkwürdige Geräusche im Haus, die sich nicht erklären lassen und an ihrem ohnehin schon dünnen Nervenkostüm zerren.

In dem vorliegenden Psychothriller gibt es wirklich kein Thema, dass nicht angeschnitten wird. Angefangen von seelischen Problemen, Schlafstörungen, Verfolgungswahn, Alkoholismus, Behinderung, Kannibalismus, Vergewaltigung, Gewalt in der Ehe bis hin zu Selbstmord und Mord wird auch wirklich nichts ausgelassen. Aber auf kein Thema wird mal etwas genauer eingegangen und so wirkt das Ganze extrem überladen und absolut unglaubwürdig. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.

Die Grundgeschichte rund um Leni und ihre Vergangenheit ist relativ spannend angelegt, wodurch man schon neugierig auf deren Fortgang ist. Allerdings sind die Rückblenden, die einem so nach und nach die Hintergründe für Lenis Angstzustände und Verhalten näher bringen sollen, nicht chronologisch. So liest man über ein Geschehen aus der Vergangenheit, weiß aber bereits wie es ausgehen muss, da ein paar Kapitel vorher bereits über ein Ereignis berichtet wurde, das zeitlich später angesiedelt ist.

Die Nebengeschehnisse rund um Nicky und seiner Mutter, die Probleme von Zicky mit ihrer Freundin Olga und den Ermittlungen zum Schulwegmonster laufen zum Ende hin zwar teilweise recht schlüssig zusammen, wirken aber zum größten Teil konstruiert und wenig nachvollziehbar. Vor allem was die Auflösung des Schulwegmonster-Falls angeht, dies ist wirklich ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

Die Charaktere sind durchweg mit extremen Problemen behaftet, was ihnen die Authentizität nimmt und einem so auch wenig Möglichkeit lässt, einen Bezug zu ihnen zu erhalten. Das Verhalten von Leni ist stellenweise so unverständlich, dass ich oft nur kopfschüttelnd dasaß, nicht anders ging es mir bei ihrer Halbschwester oder bei Ines, der Krankenschwester. Die einzig einigermaßen „Normalen“ in der ganzen Story waren für mich nur die blinde Kellnerin Olga und der Altpunk Jason, der Geschäftspartner von Zicky. Selbst der Kommissar, der die Ermittlungen im Schulwegmonster-Fall leitet, legt ein Verhalten an den Tag, das stellenweise schon schwer verständlich ist.


Fazit: Ein leidlich spannender Psychothriller, der mit seinen problembehafteten Charakteren einfach nur konstruiert, unrealistisch und reißerisch wirkt.

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