Leseempfehlungen

Sonntag, 31. Oktober 2010

{Rezension} Der zweitbeste Koch von Kurt Bracharz

Verlag: Haymon Verlag
Gebundene Ausgabe: 180 Seiten
ISBN: 385218634X 
Genre: Krimi deutsche Nachbarländer / Österreich
Erscheinungsdatum: 09. September 2010
Preis: 17,90 €

 
Lukullische Spannung

Der Wiener Gourmetkritiker Xaver Ypp rätselt. Wo ist der zweitbeste Koch der Welt geblieben? In seinem chinesischen Lieblingsrestaurant „Shanghai 1938“ ist Koch Wang-Li spurlos verschwunden und angeblich weiß niemand etwas über dessen Verbleib. Allerdings essen Chinesen ja bekanntlich so ziemlich alles und so hegt Xaver einen Verdacht, zumal er in seinem Gericht ein Stück Fleisch entdeckt, dessen Geschmack er so gar nicht kennt. Neugierig geworden packt er das verdächtige Stück in einem Zippbeutel. Als er auf dem Heimweg ist, wird er überfallen und seine Tasche gestohlen. Als sie kurz darauf wiedergefunden wird, ist der Tascheninhalt komplett, bis auf den Zippbeutel. Xavers Befürchtung scheint sich zu erhärten.

Herrlich erfrischend und mit einem guten Schuss Humor und Selbstironie lässt Kurt Bracharz seinen Protagonisten Xaver Ypp den Krimi selbst erzählen. Und da Xaver Ypp ein Gourmetkritiker ist und sich somit sein Leben zum größten Teil um neue, ausgefallene Gerichte dreht, erhält man auch noch einen hervorragenden Einblick in die asiatische Esskultur. Wobei es einem bei den einen oder anderen Zutaten schon ein wenig der Magen umdreht. Aber selbst Xaver gibt zu, dass bei so einigen Gerichten auch seine Schmerzgrenze erreicht wird.

Man kann jetzt nicht behaupten, dass der Krimi äußerst spannend ist, dies scheint aber auch gar nicht unbedingt das Ziel des Autors gewesen zu sein. Vielmehr mutet die Story ein wenig skurril an, ist sehr unterhaltsam  und vor allem komplex angelegt. So entwickelt sich der Fall zum Schluss vollkommen anders als anfangs gedacht. Zwar kommt die Auflösung dann doch etwas plötzlich, ist jedoch logisch umgesetzt.

Seinen Protagonisten beschreibt der Autor hervorragend: Ein wenig eigenwillig, selbstkritisch und sturköpfig. So wird einem der ältere Herr fast augenblicklich sympathisch. Und auch die weiteren Personen sind recht eigenwillige Persönlichkeiten, die auch bei der Kürze des Krimis ausreichend und facettenreich beschrieben sind.

Alles in allem ein anspruchsvoller Krimi der etwas anderen Art, der sehr unterhaltsam umgesetzt und nicht nur etwas für Gourmets ist.

Samstag, 30. Oktober 2010

{Rezension} Novemberasche von Anja Jonuleit

Verlag: dtv Verlag
Taschenbuchausgabe: 304 Seiten
ISBN: 3423212462 
Genre: Deutscher Krimi
Erscheinungsdatum: 01. November 2010
Preis: 8,95 €



Eine Welt in Trümmern

Für Paula, der besten Freundin von Marie Glücklich, bricht eine Welt zusammen. Ihr Mann Eric ist bei einem Fallschirmsprung ums Leben gekommen. Alle Indizien sprechen für Selbstmord. Während Marie sich um Paula kümmert, die immer mehr in ihrer Trauer versinkt und sich nicht mehr um ihre kleinen Töchter kümmern kann, ist Kommissar Sommerkorn mit einem rätselhaften Mord beschäftigt. Der junge Leander Martin wurde erstickt auf dem Zentralfriedhof aufgefunden. Wer hat einen Grund, den intelligenten Musterschüler zu töten und warum ist sein Mord auf dem Friedhof inszeniert worden?

Anja Jonuleit greift in ihrem zweiten Fall von Marie Glücklich und Andreas Sommerkorn zwei hochaktuelle Themen unter Jugendlichen auf, welche sie geschickt zu einem spannenden und vor allem auch einfühlsamen Krimi verknüpft. Lange Zeit bleiben die Beweggründe für den Mord an Leander im Dunkeln und selbst als ein weiterer Schüler spurlos verschwindet, ist immer noch kein Motiv ersichtlich. Geschickt präsentiert die Autorin zwar recht bald einen Verdächtigen, jedoch ist schnell klar, dass der Fall viel komplexer angelegt ist. So ist durchweg viel Spannungspotential vorhanden, welche zum Ende hin noch einmal sehr anzieht, bedingt auch durch die ständig wechselnden Erzählstränge. Zum Schluss präsentiert der Krimi eine Lösung, welche vollkommen überraschend und absolut schlüssig umgesetzt ist.

Sehr gefühlvoll und voller Emotionen und dennoch in keiner Weise kitschig beschreibt sie das Gefühlsleben von Paula, die durch den Tod von Eric wie paralysiert ist und deren Welt von einen auf den anderen Tag komplett aus den Fugen gerät. Zumal sich durch den Tod einige Geheimnisse von Eric offenbaren, die Paulas Bild von ihrem Mann total erschüttern.

Neben dem Erzählstrang von Paula ist man durch Andreas Sommerkorn bei den aktuellen Ermittlungen des Mordes von Leander dabei und auch Marie beginnt auf eigene Faust mit Ermittlungen um den Tod von Eric. Denn auch wenn alle Anzeichen dafür sprechen, dass Eric Selbstmord begangen hat und ein dunkles Geheimnis hütete, hinter das Andreas durch Zufall kommt, will Marie unbedingt diese Hintergründe verstehen. Ihre Neugier verlangt ihr dabei einiges an Mut ab und bringt sie sogar in Lebensgefahr. Was ich auch sehr interessant fand, ist, dass die Autorin die Kapitel mit Zitaten von z. Bsp. Wikipedia oder auch eines Anwalts zu dem entsprechenden Thema anführt.

Besonders eindringlich sind die Tagebucheinträge eines Jugendlichen beschrieben. Teilweise eins-zwei Seiten lang, stellenweise nur drei-vier Sätze kurz. Man merkt sofort, dass dieser Junge, dessen Identität erst zum Schluss gelüftet wird, eng mit dem aktuellen Fall in Verbindung steht und er quasi die Schlüsselrolle des Krimis einnimmt.

Authentisch und wie aus dem Leben gegriffen sind ihre Figuren. Marie ist Kunstmalerin, die nach einer gescheiterten Beziehung wieder in ihre Heimat am Bodensee gezogen ist, dort in ihrem Elternhaus wohnt und sich mit Müh und Not über Wasser halten kann, in der Hoffnung, dass ihre Bilder endlich in einer bekannten Galerie ausgestellt werden. Die Autorin beschreibt sie als eine mitfühlende, neugierige Frau, die durch die Erfahrungen mit ihrem Ex-Partner einer neuen Beziehung skeptisch und äußerst vorsichtig gegenübersteht. Kommissar Andreas Sommerkorn ist mehr der Einzelgänger, der sich langsam seinen Gefühlen zu Marie stellt und unbewusst ständig falsche Signale gegenüber Marie aussendet.

Fazit: Ein emotionaler und äußerst spannend geschriebener Krimi, dem ein brisantes Thema zugrunde liegt.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

{SuB-Zuwachs} Spannende, gruselige und unterhaltsame Buchpost

Hallo Ihr Lieben,

diese Woche hat mich ein wahrer Bücherregen überrascht, als mehrere Rezensionsexemplare von Verlagen bei mir eingegangen sind und dann noch der neueThriller von John Katzenbach!
  

Hier habe ich das Glück, bei der Testleserunde zu seinem neuen Thriller "Der Professor" bei lovelybooks.de teilnehmen zu können. Der Thriller müsste (hoffe ich) diese Woche auch noch kommen.






Am Dienstag kam vom dtv-Verlag der neue Krimi von Anja Jonuleit. Novemberasche heißt er und erscheint am 01. November 2010. Da ich bereits dieses Jahr von ihr das Buch "Herbstvergessene" gelesen habe und mir ihr einfühlsamer Schreibstil sehr gut gefallen hat, bin ich natürlich auf ihren neuen Krimi ziemlich neugierig und werde ihn auch als erstes lesen. 

Inhaltsangabe von Novemberasche:

Mann sollte den Advent nicht mit einer Trauerfeier beginnen müssen ....

November am Bodensee. Auf dem Friedhof wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. er wurde betäubt und erstickt. Zur gleichen Zeit wartet eine furchtbare Nachricht auf Marie Glücklich: Erik, der Mann ihrer besten Freundin ist bei einem Fallschirmsprung ums Leben gekommen. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen?

Marie Glücklich und Kommissar Somerkorn ermitteln.


Dann klingelte am Mittwoch der Postbote und hatte ein Päckchen mit drei Büchern des Haymon Verlags für mich. Krimilektüre vom Feinsten aus Österreich. Hierbei handelt es sich um folgendes Krimis:

Zum einen um Morbus Dei von den Autoren Matthias Bauer und Bastian Zach. Diese erzählen eine Geschichte voller Spannung, Dramatik und Emotionen.

Kurzbeschreibung:
Ein einsames Bergdorf vor 300 Jahren: Von einem Schneesturm überrascht, verschlägt es den Deserteur Johann List in diese abgeschiedene, von Furcht und Aberglaube beherrschte Gegend. Schnell ist ihm klar, dass mit dem Dorf etwas nicht stimmt, dass ein düsterer Schatten über den Bewohnern liegt – Tiere werden getötet, Menschen verschwinden, vermummte Gestalten lauern in den finsteren Wäldern. Als Johann sich in die Tochter eines Bauern verliebt, beschließt er, mit ihr das Dorf zu verlassen. Doch noch bevor sie verschwinden können, eskaliert die Situation und ein Kampf auf Leben und Tod beginnt ... 


Der zweite Krimi heißt "Der zweitbeste Koch". Nach seinen kultigen Erfolgskrimis in den 90er Jahren hat Kurt Bracharz sich mit seinem neuen Krimi viel Zeit gelassen – doch das Warten hat sich definitiv gelohnt: angenehm pikant, gewürzt mit einer ordentlichen Prise Nervenkitzel und in typisch amerikanischer Krimimanier: hartgesotten.


Inhaltsangabe:

Hunger ist bekanntlich der beste Koch. Der zweitbeste ist ein Chinese namens Wang Li. Das glaubt zumindest der Wiener Gourmetkritiker Xaver Ypp, weshalb er auch sehr verärgert ist, als es plötzlich heißt, Wang Li habe das Land verlassen. Und Ypp hat noch mehr Probleme: Sein Chef hält ihn schon lange für zu konservativ und drückt ihm zu allem Überfluss noch die Ausbildung eines pubertierenden Geschmacksgenies aufs Auge. Schlechte Karten für Ypp, der bald auch noch Opfer eines Überfalls wird: Als er die Probe eines ungewöhnlichen Stückchens Fleisch aus Wang Lis ehemaligem Restaurant untersuchen lassen will, beginnt die Angelegenheit vom Kuriosen ins Kriminelle abzugleiten und nimmt dabei immer rasanter Schussfahrt auf ...


Und last but not least das dritte Buch im Bunde vom Haymon Verlag: "Schwestern der Angst" von Lydia Mischkulnig.


Kurzbeschreibung:

Als Kinder sind Marie und Renate unzertrennlich. In einer Familie, die geprägt ist von Verlust und Misstrauen, schafft Renate für ihre Schwester eine eigene Welt aus der Sehnsucht nach Unversehrtheit und Glück. Doch dann, Jahre später, tritt Paul in das Leben der Mädchen und spaltet ihre vermeintliche Einheit. Von beiden umworben, entscheidet er sich für Marie – und plötzlich kippt die liebende Fürsorge Renates in Hass und subtil tobenden Zorn. Je tiefer der Graben zwischen den Frauen wird, umso gefährlicher verzerrt sich Renates Blick auf die Welt. Sie heftet sich dem Paar an die Fersen, verfolgt ihre Schwester, überwacht sie zuerst aus der Distanz, rückt dann aber unaufhaltsam näher – bis zur letzten Konsequenz.

In kunstvoller Sprache und mit ungeschminktem Blick nimmt Mischkulnig die Perspektive Renates ein, eine Perspektive, in der sich Wirklichkeit und Paranoia überlagern – und erweist sich so erneut als eine „grandiose Entertainerin des Unheils“ (Anton Thuswaldner).


Nachtrag:

Und dann kam am Freitag auch vom Piper Verlag der Thriller "Weißer Schrecken " von Thomas Finn.

Kurzbeschreibung:

Unter Schnee und Eis lauert der Tod!

Fans von Stephen Kings »Es«, aufgepasst – dies wird der Winter des Schreckens! Die kalte Jahreszeit in Perchtal, einem einsamen Dorf im Berchtesgadener Land, scheint besinnlich wie immer. Bis eine Gruppe Jugendlicher einen grauenhaften Leichenfund macht: Ein junges Mädchen treibt unter dem Eis eines Sees, und es ähnelt den Zwillingen Miriam und Elke auf verblüffende Weise. Doch die beiden wissen nichts von einer Verwandten … Bei ihren Nachforschungen stoßen die Freunde auf ein blutiges Geheimnis, das der Pfarrer des Dorfs hütet. Und sie schrecken dabei eine uralte Macht auf, die ihre Rückkehr in unsere Welt vorbereitet.

Also, Lesestoff ist mehr als genug vorhanden und die Rezensionen folgen dann - wie üblich - wieder hier. Und noch einmal ein ganz dickes Dankeschön an die Verlage und an lovelybooks.de

Liebe Grüße
Isabel

Mittwoch, 27. Oktober 2010

{Rezension} Feuertanz von Helene Tursten

Verlag: btb Verlag
Übersetzer: Holger Wolandt, Lotta Rüegger
Taschenbuchausgabe: 320 Seiten
Genre: Skandinavischer Krimi / Schweden
ISBN: 344273715X 
Erscheinungsdatum: 03. März 2008
Preis: 9,00 €



Ein Leben für den Tanz

1989: Die junge Inspekteurin Irene Huss ermittelt mehr eigenständig in einem Fall von Brandstiftung mit Todesfolge. Die Stieftochter des Toten könnte bei der Aufklärung des Falls helfen, doch Sophie spricht kein Wort und alle Mühe von Irene, die Elfjährige zum Sprechen zu bringen, scheitert. Der Fall wird nie zur Zufriedenheit von Irene gelöst. 15 Jahre später wird in einer Brandruine die Leiche einer jungen Frau gefunden. Kurze Zeit später ist die Identität der Frau ermittelt: Es handelt sich um Sophie, die vor ihrem Tod misshandelt wurde.  Irene Huss beginnt mit den Ermittlungen und muss feststellen, dass Sophie sich zu einer sehr introvertierten jungen Frau entwickelt hat, deren Leben einzig und allein auf den Tanz fixiert war. Wer also hätte ein Motiv und in welcher Verbindung steht ihr Tod zum damaligen Fall?

Dunkle Geheimnisse einer Familie und die Leidenschaft zum Tanz sind die Grundlage des vorliegenden Falls. Sehr rätselhaft und undurchschaubar beschreibt Helene Tursten die eigentliche Hauptdarstellerin des Krimis: Sophie. Sie ist Dreh- und Angelpunkt des aktuellen wie auch des Falls von 1989. Um sie und ihr rätselhaftes Leben drehen sich die Ermittlungen auf der Suche nach ihrem Mörder. Scheinbar liegt kein Motiv vor und doch ist auch ersichtlich, dass ihre Familie irgendetwas zu verheimlichen versucht. So ist die Story von Anfang sehr rätselhaft angelegt und überrascht auch immer mal wieder mit interessanten Wendungen.

Die Spannung ist dieses Mal mehr als unterschwellig zu bezeichnen, allerdings wird durch das merkwürdige Verhalten der Familienangehörigen die Neugier konstant aufrecht erhalten und die überraschende und logische Auflösung des Falls sorgt ebenfalls dafür, dass bis zum Schluss keine Langeweile aufkommt. Auch erhält man wieder einen unterhaltsamen Einblick in das Privatleben von Irene und erlebt so mit, wie sie sich langsam mit der Abnabelung ihrer Zwillinge abfinden muss und ein privater Schicksalsschlag bleibt ihr auch nicht erspart. So wirkt die Darstellung von Irene wieder durchweg sehr authentisch und überzeugend.

Die restlichen Personen des Krimis, besonders die der Familie von Sophie, sind zum einen sehr detailreich und glaubwürdig dargestellt, zum anderen aber auch so undurchsichtig und rätselhaft angelegt, dass man sich bei keinem sicher sein kann, ob einer von ihnen etwas mit dem Tod von Sophie zu tun hat.

Fazit: Ein eher ruhig angelegter Krimi mit einer interessanten Geschichte und überzeugend dargestellten Charakteren.

{Rezension} Die Zahlen der Toten von Linda Castillo

Übersetzer: Helga Augustin
Taschenbuchausgabe: 430 Seiten
ISBN: 3596184401 
Genre: Amerikanischer Thriller
Erscheinungsdatum: 04. August 2010
Preis: 8,95 €



Kehrt ein Serienmörder zurück?

Dieser Frage muss sich Chief Kate Burkholder stellen, als sie eines Nachts aus ihren Alpträumen geweckt wird. Officer T.J. Walsh findet beim nächtlichen Einfangen von Kühen im winterlichen Painters Mill / Ohio auf einer Wiese die Leiche einer jungen Frau: Nackt und schwer misshandelt. Als Kate zusammen mit ihren Mitarbeitern am Tatort eintrifft, traut sie ihren Augen nicht. Auf dem Unterbauch der Unbekannten ist die Zahl 23 eingeritzt. Wiederholt sich das Grauen wieder? Denn vor 16 Jahren gab es vier Morde in der Gegend und jedes Mal waren den jungen Frauen römische Zahlen unter den Nabel eingeritzt worden, der Mörder wurde bis heute nicht gefasst.

Schon der Prolog lässt erahnen, dass der 1. Fall von Kate Burkholder sich zu einem äußerst spannenden Thriller entwickelt und man wird nicht enttäuscht. Schnell ist klar, das Kate ein dunkles Geheimnis verbirgt, dass mit dem aktuellen Fall in Verbindung steht und dessen Auflösung sie um jeden Preis verhindern will. Doch dies gestaltet sich als äußerst schwierig, als John Tomasetti  vom BCI hinzugezogen wird und sie immer mehr die Kontrolle über den Fall verliert.

Sehr plastisch und beklemmend beschreibt Linda Castillo in ihrem Debütroman die Angst, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit des Opfers und zugleich die Kaltblütigkeit, mit der der Mörder zu Werke geht. Und auch die innere Zerrissenheit von Kate, die einmal der nahegelegenen Amish-Gemeinde angehört hat, wird hervorragend vermittelt.

Die Autorin lässt ihre Protagonistin selbst die Geschichte des Thrillers erzählen und bereits nach wenigen Seiten gelingt es ihr mühelos, von Kate Burkholder das Bild einer sympathischen, engagierten Frau zu zeichnen, die um jeden Preis den Mörder fassen will und hierfür auch einmal unkonventionelle Wege geht.

Ihr Schreibstil ist sehr flüssig und atmosphärisch dicht und Linda Castillo gelingt es so mühelos, einem die Gefühlswelt der einzelnen Personen zu vermitteln. Gleichzeitig gelingt es ihr, die Identität des Mörders bis zum Schluss zu verschleiern und die Auflösung des Falls sehr überraschend und absolut schlüssig umzusetzen. Die Spannung baut sich bereits nach wenigen Seiten auf, die durchweg auf einem hohem Niveau liegt und sich mühelos bis zum fulminanten Ende hält.

Fazit: Auch wenn die Story nicht unbedingt neu ist, gelingt es der Autorin dennoch einen extrem spannenden und atmosphärisch dichten Thriller abzuliefern, der mit einer sehr sympathischen Protagonistin glänzt.

Montag, 25. Oktober 2010

{Rezension} Schattenwasser von Michael Kibler

Verlag: Piper Verlag
Taschenbuchausgabe: 335 Seiten 
Genre: Deutscher Krimi
ISBN: 3492259065
Erscheinungsdatum: 16. September 2010
Preis: 8,95 €







Die Bibel und das Wasser

Im Jugendstilbad von Darmstadt treibt die Leiche einer älteren Dame. Einen Tag später erhält Hauptkommissarin Margot Hesgart ein an sie persönlich adressiertes Bekennerschreiben. Der Briefschreiber zitiert leicht abgewandelt eine Passage aus der Bibel. Ein paar Tage später wird das Wasser eines kleinen Sees in Darmstadt vergiftet. Wieder erhält Margot Hesgart ein Bekennerschreiben mit einer Bibelstelle aus dem Alten Testament. Die Ermittlungen von Margot und ihrem Kollegen Steffen Horndeich laufen auf Hochtouren als die zweite Frauenleiche gefunden wird. Ist hier ein Serienmörder am Werk, der die Bibelstellen abarbeitet, die alle einen Bezug mit Wasser haben. Wenn ja, stehen noch zwei Morde aus.

Neben dem aktuellen Fall hat Margot Hesgart auch mit privaten Problemen zu kämpfen. Muss sie doch erfahren, dass ihr Lebensgefährte Rainer eine uneheliche Tochter hat, die von nun an bei ihnen wohnen soll. Hinzu kommt noch, dass ihr gemeinsamer Sohn Ben mit seiner Freundin Iris in die USA gereist ist und  Marion und Rainer für einige Wochen die kleine Zoey hüten sollen. Somit sind Stress und wenig Schlaf für die nächsten Wochen vorprogrammiert und zusätzlich gestaltet sich auch noch der aktuelle Fall als immer schwieriger und undurchsichtiger. Zwar gibt es schon bald einen Verdächtigen, der die Opfer kannte, ein Motiv hätte und auch alle Indizien sprechen gegen ihn. Doch weder Margot noch Steffen und Sandra mögen so recht an seine Schuld glauben.

Michael Kibler verknüpft wieder geschickt und gut dosiert die laufenden Ermittlungen mit dem Privatleben seiner Protagonistin. Die Spannung leidet durch diesen Mix in keiner Weise, zumal sich die Story als sehr interessant gestaltet und schon bald zwar mehrere Tatverdächtige auftauchen, das Motiv der Morde jedoch absolut im Dunkeln bleibt. So ist die Geschichte fesselnd bis zum Schluss, überrascht durch einige gelungene Wendungen und zieht zum Ende hin in Sachen Spannung noch mal mächtig an.

Der Schreibstil des Autors ist flüssig, unterhaltsam und immer mit einem guten Schuss Lokalkolorit versehen. Seine Protagonistin stellt er gewohnt emotional, lebendig und absolut authentisch dar. Neben Margot geht der Autor auch wieder ein wenig auf das Privatleben von Steffen Horndeich ein, den die Vergangenheit einholt und ihn vor eine wichtige Entscheidung stellt. Ansonsten sind auch die restlichen Charaktere sehr realistisch, aber gerade auch die Tatverdächtigen ziemlich undurchsichtig beschrieben, sodass man sich erst zum Ende hin über die Identität des Täters sicher sein kann.
 

Alles in allem wieder ein gelungener Darmstadt-Krimi, der mit viel Lokalkolorit, einer guten Story und sympathischen Akteuren daher kommt.

Sonntag, 24. Oktober 2010

{Rezension} Kontrollverlust von Christian Gude

Verlag: Gmeiner Verlag 
Taschenbuchausgabe: 274 Seiten
ISBN: 3839210836 
Genre: Deutscher Krimi
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2010
Preis: 9,90 €


Rünz, der verkannte Bestsellerautor

Mehr widerwillig begibt sich Kommissar Rünz zu einem Tatort, würde er doch viel lieber an seinem Thriller weiterschreiben. In der Schlosserwerkstatt bietet sich ihm ein bizarres Bild: Der Schlossermeister ist an einem Schraubstock aufgespießt. Für Rünz sieht das alles nach einem Unfall aus, schließlich hat er nun wirklich keine Zeit, sich mit den Ermittlungen zu einem Mord zu beschäftigen. Doch der Rechtsmediziner wie auch die Staatsanwältin sind anderer Meinung und so muss Rünz wohl oder übel seinen Thriller hintenanstellen und mit  den Ermittlungen beginnen.

So recht kann man dem vorliegenden Krimi von Christian Gude nicht unbedingt eine Handlung zuschreiben. Der Mordfall ist eher nur ein Nebenschauplatz und der Fokus liegt eindeutig bei Rünz und seinen schriftstellerischen Ambitionen. So erhält man auch einen  ausführlichen Einblick in Rünz‘ Schriftstellertalent, welches eher als  laienhaft angesehen werden kann, er selbst sich aber natürlich schon in der gleichen Liga wie Dan Brown und Co. sieht.

Wo wenig Handlung ist, gibt es auch wenig Spannung und auch überraschende Wendungen kann der Krimi nicht unbedingt vorweisen. Allerdings ist der Charakter Rünz ein Garant für sehr amüsante Unterhaltung und auch sein Chef Hoven sorgt mit seinem denglisch und seiner Umorganisation des Darmstädter Kriminalkommissariats für den einen oder anderen Lacher. Jedoch fand ich die Darstellung von Hoven stellenweise etwas zu überzogen und manchmal regelrecht nervig. Hier wäre etwas weniger eindeutig mehr gewesen.

Die letztendliche Auflösung des Falls wie auch die gesamte Geschichte selbst wirkt stellenweise schon etwas konstruiert und auch gerade das Verhalten von Rünz‘ Schwager regelrecht überzogen und unglaubwürdig. Trotzdem ist das Buch durchweg sehr unterhaltsam, aber eindeutig nur etwas für Rünz-Fans. Wer bisher keinen der mittlerweile vier Bände des Darmstädter Kommissars gelesen hat, sollte von diesem Krimi die Finger lassen, denn dieses Buch ist nicht unbedingt als Krimi zu bezeichnen.

Der Schreibstil von Christian Gude ist  gewohnt flüssig, frech und mit viel Wortwitz gespickt, wobei sein Krimi auch wieder mit viel Lokalkolorit angereichert ist. Seinen Protagonisten  stellt er gewohnt schräg und kauzig dar und man wird nach wie vor das Gefühl nicht los, dass Rünz nicht nur bei seinem Modestil in den 1980er hängen geblieben ist.  Alles in allem ein sehr liebevoll gezeichneter Charakter und auch die anderen Figuren sind durchweg originell dargestellt, wobei hier natürlich auch wieder viele Personen aus vorherigen Bänden auftauchen.

Fazit: Ein unterhaltsamer Krimi, bei dem die Krimihandlung eher nebensächlich ist  und der eindeutig nur etwas für eingefleischte Rünz-Fans ist.

Freitag, 22. Oktober 2010

{Rezension} Böse Dinge geschehen von Harry Dolan

Verlag: dtv Verlag
Übersetzer: Martin Ruben Becker
Genre: Amerikanischer Krimi
ISBN: 3423248122 
Taschenbuchausgabe: 416 Seiten
Erscheinungsdatum: 01. November 2010
Preis: 14,90 €


Ein scheinbar nicht beabsichtigter Mord

David Loogan ist im Baumarkt unterwegs, um einen Spaten zu kaufen. Schließlich benötigt man diesen, wenn man eine Leiche vergraben will. Rückblick: Eigentlich ist David ja ein ganz normaler 38-jähriger Mann. Er lebt im Städtchen Ann Arbor in einem kleinen, gemieteten Häuschen, trinkt mittags beim Zeitung lesen seinen Kaffee und sieht sich gerne Filme an. Durch einen Bericht in einer Zeitung kommt ihm die Idee für eine Geschichte und so versucht er sich daran. Als der Plot zu seiner Zufriedenheit ist, gibt er das Manuskript beim Zeitungsverlag „Gray Streets“ ab. Doch die Geschichte lässt ihm keine Ruhe und so schreibt er sie immer wieder um. Als er nunmehr seine dritte Version anonym abgeben will, wird er vom Chef der Zeitung, Tom Kristoll, überrascht, der ihn vom Fleck weg als Lektor engagiert. Den Sommer über wird Loogan immer mal wieder von Tom  eingeladen und die Beiden freunden sich mit der Zeit an. Der Sommer geht ins Land und im Herbst kommt dann ein Anruf von seinem Chef, der ihn letztendlich veranlasst, einen Spaten zu kaufen. Kristoll hat angeblich in Notwehr einen Einbrecher erschlagen und dieser muss weg. Die Polizei einzuschalten, kommt für ihn nicht in Frage. 

Mit seinem Debütroman ist Harry Dolan ein sehr komplexer und überaus spannender Krimi gelungen. Nichts ist so, wie es anfangs scheint. Immer mehr Verdächtige tauchen auf, immer mehr Morde geschehen oder waren es doch Selbstmorde? David Loogan beginnt aus persönlichem Interesse, Nachforschungen anzustellen, arbeitet mit Detective Elisabeth Waishkey zwar zusammen, entzieht sich jedoch geschickt ihren Fragen und überzeugt sie trotzdem schon recht bald, dass er mit den Morden nichts zu tun hat, obwohl sein Verhalten äußerst undurchsichtig ist.

Harry Dolan hat seinen Krimi im Schriftsteller-Milieu angesiedelt und der Grund der Morde ist nicht unbedingt neu, trotzdem gelingt es dem Autor immer wieder, einen zu überraschen, dem Krimi eine neue Wendung zu geben und eine unterschwellige Spannung aufzubauen, die einfach nur fesselnd ist bis die Story zum Ende hin dann rasant anzieht und die Spannung hier regelrecht greifbar wird.

Alle seine Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail beschrieben, nehmen fast augenblicklich Konturen an und bleiben dennoch durch ihr unvorhersehbares Verhalten für den Leser absolut nicht durchschaubar. Hierdurch gelingt es Harry Dolan ständig, dass man seine Meinung über eine Figur wieder revidiert oder aber auf eine falsche Fährte gelockt wird. Was natürlich der Spannung mehr als zugute kommt.

Sein Schreibstil ist erfrischend, mit viel Wortwitz gespickt, sehr locker und überaus unterhaltsam, wobei es ihm zudem mühelos gelingt, seinen Protagonisten David Loogan äußerst mysteriös und dennoch überaus sympathisch erscheinen zu lassen. So weiß man nichts über sein bisheriges Leben und auch die Nachfragen von Tom Kristoll, dessen Frau oder von Elisabeth Waishkey  sind so angelegt, dass man nicht sicher sein kann, ob Loogan ihnen nun die Wahrheit sagt. Das einzige, was man aus seinen Schilderungen schließen kann ist, dass Loogan gut schreiben kann, anscheinend über genug Geld verfügt, um eigentlich nicht arbeiten zu müssen, alleine lebt und David Loogan ganz offensichtlich nicht sein richtiger Name ist. 

Fazit: Ein absolut gelungenes Krimidebüt, mit einer sehr komplexen und spannenden Story und sauber herausgearbeiteten Charakteren.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

{Rezension} Und die Furcht gebiert den Zorn von Louise Penny

Verlag: Limes Verlag
Übersetzer: Gabriele Werbeck, Andrea Stumpf
Genre: Krimi International
ISBN: 3809025178 
Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Erscheinungsdatum: 17. März 2008
Preis: 19,95 €

Löwen im Winter

In dem kleinen kanadischen Städtchen Three Pines wird am Weihnachtstag die zugezogene CC de Poitiers ermordet. Und dies während eines Curlingspiels, bei dem fast das ganze Dorf anwesend ist. Der Mord ist subtil, so starb die unbeliebte Frau mitten auf dem See an einem Stromschlag. Armand Gamache von der Sureté de Quebec wird mit dem Fall betraut. Ihm sind die meisten Einwohner bekannt, denn bereits schon einmal ermittelte er in dem beschaulichen Dorf. Der Fall gestaltet sich als schwierig, war CC doch bei den Dorfbewohnern durch ihre herrische Art nicht gerade beliebt und nicht nur ihr Ehemann hätte ein Mordmotiv. Und  dann gibt es noch einen Fall, den Inspector Gamache beschäftigt. Eine Obdachlose, deren Identität scheinbar niemand zu kennen scheint, wurde im nahegelegenen Montreal vor einem bekannten Kaufhaus ebenfalls ermordet.

In ihrem zweiten Fall rund um Inspector Gamache erzählt Louise Penny einen Krimi, der sehr ruhig, ja fast schon gemächlich- passend zum winterlichen Ambiente -  daher kommt. In aller Ruhe stellt sie ihren Lesern erst einmal die verschiedenen Charaktere vor, wie auch das kleine Örtchen Three Pines. So erhält man recht schnell eine Vorstellung des malerischen Dorfes wie auch von seinen stellenweise schon recht schrägen und eigenwilligen Einwohnern.

Somit ist hier erst einmal ein wenig Geduld angesagt, die allerdings dann mehr als belohnt wird, als der Mord an CC de Poitiers geschieht. Die Durchführung des Mordes ist äußerst präzise und hier wurde absolut nichts dem Zufall überlassen. So haben Inspector Gamache und sein Team anfangs große Probleme, den Mord an sich erst einmal zu rekonstruieren. Und auch die Unbeliebtheit des Opfers ist nicht gerade bei der Mordermittlung förderlich, denn keiner der Dorfbewohner hatte auch nur einen Hauch von Sympathie für CC übrig. Dies ist jedoch bei ihrem Charakter, der dem Leser detailreich beschrieben wird, nicht verwunderlich.

Durch die facettenreiche Darstellung der Dorfbewohner fällt es einem von Anfang sehr schwer, sich hier auf die Identität des Täters festzulegen, zumal es auch mehrere Mordmotive gibt. Hinzu kommt auch noch der Mord an einer Obdachlosen. Natürlich ist von Anfang an klar, dass dieser Mord ebenfalls etwas mit den Vorfällen in Three Pines zu tun hat. Nur wie dieser Zusammenhang aussieht, erfährt man erst fast zum Schluss. Somit entwickelt sich die Geschichte recht komplex und undurchsichtig.

Sehr gut gelingt es Louise Penny, ihren Krimi atmosphärisch dicht zu erzählen. Spannung kommt zwar erst nach einiger Zeit auf, jedoch ist die Geschichte äußerst unterhaltsam  und warmherzig erzählt und allein hierdurch fesselt die Autorin einen schon an ihren Krimi. Und auch die Undurchsichtigkeit des Falls, ihre liebenswert beschriebenen Figuren,  wie auch der makabre Mord sorgen problemlos dafür, dass zur keiner Zeit Langeweile aufkommt.

Fazit: Ein nicht unbedingt durchgehend spannender, dafür aber warmherzig und liebenswert erzählter Krimi mit wunderbar beschriebenen Charakteren.

Freitag, 15. Oktober 2010

{Rezension} Gargoyle von Andrew Davidson

Übersetzer: Eike Schönfeld
Genre: Roman / Fantasy
ISBN: 3827007828
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
Erscheinungsdatum: 31. Januar 2009
Preis: 22,00 €



Die Kraft der Liebe

Ein Pornostar, mit Drogen zugedröhnt, verunglückt mit dem Auto. Zwar überlebt er den Unfall, allerdings mit schwersten Verbrennungen am ganzen Körper und besonders im Gesicht. Als er nach Wochen aus dem Koma erwacht, beschließt er, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus seinem Leben ein Ende zu setzen und malt sich sehr genau aus, wie dieser Selbstmord vonstatten gehen soll. Allerdings gestaltet sich seine Genesung verständlicherweise nur sehr langsam und so ist er gar nicht so böse darüber, als ihn eines Tages eine junge Frau besucht. Marianne Engel behauptet, dass sie Beide sich vor 700 Jahren kennen gelernt haben und er bereits damals schwere Verbrennungen erlitten und sie ihn gesund gepflegt hatte. Der Verletzte hält Marianne für schizophren oder manisch depressiv, im schlimmsten Fall für beides. Doch je öfter Marianne Engel ihn besucht, desto mehr interessiert er sich für ihre angeblich gemeinsame Geschichte, als sie im 14. Jahrhundert als Nonne und Söldner ein Liebespaar waren. Und obwohl er nicht an Mariannes Erzählungen glaubt, hilft es ihm, seinen Lebensmut wieder zu finden.

Äußerst direkt, zynisch und selbstkritisch lässt Andrew Davidson seinen Protagonisten die Geschichte selbst erzählen. Der grausame Autounfall selbst und die anschließende so schmerzhafte Prozedur, die Verbrennungsopfer bei der monatelangen Behandlung durchstehen müssen, beschreibt der Ich-Erzähler extrem sachlich, aber gleichzeitig wieder so eindringlich, dass man sich dies mehr als gut vorstellen kann. Es ist aber nie darauf ausgelegt, mit dem Protagonisten Mitleid zu empfinden, sondern es ist einfach ein Vorgang, ohne den sein Überleben nicht sichergestellt sein kann.

Die Wandlung vom zynischen Einzelgänger, dem andere Menschen herzlich wenig interessieren zu einem mitfühlenden, ja liebenden Menschen, ist schleichend. Erst mit der Zeit wird ihm bewusst, dass er sich wohl fühlt in der Gegenwart von Marianne, dass er sie für seine Gesundung braucht und dass genau dies auch Marianne mit ihren Besuchen beabsichtigt. So gelangt nach und nach sein Überlebenswille zurück und er nimmt die schmerzhaften Reha-Maßnahmen ohne Murren auf sich, nur um schnellstens wieder ein einigermaßen normales Leben führen zu können. Und selbst mit seinem monströsen Aussehen hadert er bald schon nicht mehr, sondern nimmt es einfach als gegeben hin.

Die Geschichte ist so ergreifend erzählt, dass einem eigentlich erst zum Schluss bewusst wird, dass man noch nicht mal den Namen des Ich-Erzählers erfährt. Es ist praktisch ein Teil seiner Lebensgeschichte, die er anderen erzählt und so fühlt man sich beim Lesen auch. Man hat nicht unbedingt das Gefühl, ein Buch zu lesen, sondern mehr, ihm bei seinen Erzählungen zuzuhören. So ist dem Autor durchgehend ein mitfühlender, emotionaler und wunderbar erzählter Roman gelungen, ein Märchen, das einem noch lange nachgeht.

Immer wieder erzählt Marianne Engel ihm Geschichten: Entweder kleine Geschichten über die Macht der Liebe oder aber über ihr gemeinsames Leben im 14. Jahrhundert. Zwischendurch spielt der Roman auch wieder in der Gegenwart und so ist man ständig über die aktuellen Geschehnisse und der Gesundung des Protagonisten informiert. Hierdurch erfährt man immer mehr über ihn wie auch über Marianne.

Die Bildhauerin ist eine überzeugte Christin, die fest an Gott glaubt, der Ich-Erzähler dagegen ein überzeugter Atheist. Doch diese Gegensätze ergänzen sich hervorragend und auch für Nichtgläubige ist Mariannes Glaube nicht störend oder belehrend dargestellt, sondern dies ist einfach eine Tatsache, die akzeptiert wird. Das belesene Verbrennungsopfer hinterfragt ständig die Erzählungen von Marianne über ihr gemeinsames Leben, nur um immer wieder feststellen zu müssen, dass ihre Geschichte sich genau so wirklich ereignet haben kann.

Trotz der eigentlich anfangs recht unsympathischen Darstellung des Charakters seines Protagonisten, gelingt es Andrew Davidson schon nach kurzer Zeit, dass man neugierig auf ihn wird und ehe man es sich versieht, nimmt man Anteil an seinem Leben und taucht regelrecht in seine Erzählungen ein. Besonders gelungen ist die Figur von Marianne Engel, die so vielschichtig, unvorhersehbar und liebenswert beschrieben ist, dass man sofort Sympathien für sie hegt. Und trotzdem bleibt ihr Verhalten, ihre Einstellung und besonders ihre Besessenheit bei der Erschaffung der Gargoyles bis zum Schluss rätselhaft.

Fazit: Ein wunderschön erzähltes Märchen über die Kraft der Liebe ohne dabei auch nur annähernd rührselig oder gar kitschig zu werden.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

{Leseeindruck} Der Ahnhof von Joachim Rangnick

Taschenbuchausgabe: 256 Seiten
ISBN: 9783548609928
Genre: Deutscher Krimi
Erscheinungsdatum: 12. Dezember 2010
Preis: 8,95 €




Welches Geheimnis verbirgt der alte Hof?

Die resolute Haushälterin Mathilde ist auf dem Weg zu einem Hof, den ihre Großbase zusammen mit ihrem Mann kaufen möchte. Eigentlich hat die 69-jährige hierzu ja überhaupt keine Lust, doch leider hat sie bei dem Wort Nein ein Problem und somit ist sie jetzt per Auto unterwegs zum Hof in Urlau. Währenddessen macht sie sich so einige Gedanken über das Allgäu im Allgemeinen und dem dort ansässigen Adel im Besonderen. Als sie auf dem Hof angekommen ist, empfindet Mathilde ein bedrohliches Gefühl, das sich nicht erklären lässt. Dessen ungeachtet begibt sie sich auf Besichtigungstour über den Hof, nur um feststellen zu müssen, dass sich hier etwas ganz Schreckliches ereignet haben muss. Ihre Empfindungen kann sie nur schwer Daniela und Jacob vermitteln, da diese eigentlich schon beschlossen hatten, den Hof zu kaufen.

Mathilde wohnt als Haushälterin zusammen mit dem Journalisten Robert Walcher und dessen 17-jähriger Adoptivtochter Irmi auf dem Walcher-Hof. Das Verhältnis von Vater und Tochter ist sehr herzlich, ein wenig bissig und man merkt sofort, dass die Beiden sehr gut miteinander auskommen, auch wenn Walcher so die eine oder andere Macke zu haben scheint und ihn die kesse und naseweise Irmi deswegen als Einzeller bezeichnet, wogegen sich Walcher natürlich vehement wehrt. Auch Mathilde fühlt sich deutlich wohl bei den Beiden und geht ihrer Arbeit mit viel Freude nach.

Sehr unterhaltsam mit einem guten Schuss Ironie  und vor allem sehr fesselnd ist Joachim Rangnick’s Schreibstil zu bezeichnen und so gelingt es ihm auch fast augenblicklich, einen zum einen für die Geschichte zu begeistern und zum anderen seine Protagonisten sofort ins Herz schließen zu lassen. Und dass, obwohl die Leseprobe erst bei Seite 45 beginnt und einem somit ein guter Teil der Geschichte wie auch Background in Bezug auf seine Figuren fehlt.

Sein Krimi ist mit einem ordentlichen Schuss Lokalkolorit gespickt, was nicht nur für Leser, die Immenstadt und dessen Umgebung kennen, interessant ist. So wirkt der Krimi atmosphärisch dicht erzählt, vor allem durch die Einschübe des Allgäuer Dialekts, welche aber auch für Nichtkenner des Dialekts verständlich sind.

 Spannung baut sich während des Lesens keine auf. Die ausgewählte Leseprobe beschränkt sich mehr auf den privaten Teil der Familie Walcher, im Besonderen auf Robert und zum Teil auch auf Mathilde, dies ist jedoch äußerst unterhaltsam geschrieben. Allerdings ahnt man schon, dass es etwas mit dem Hof auf sich hat, den Mathilde zusammen mit Daniela und Jacob besichtigt hat und somit ist schon mal eine gewisse Neugier beim Lesen hergestellt. Vor allem, da eine Andeutung auf „besondere Fähigkeiten“ von Mathilde gefallen sind, die auf dem Hof schlimme Dinge gespürt hat.